Institut für Sportwissenschaft
Geschichte des Instituts für Sportwissenschaft
Zur Entwicklung des Faches „Sport“ an der Christiana Albertina – eine historiographische Skizze
Geschichte des Instituts Teil I: Die Ursprünge

Abb. 1 Die Boots- und Fechthalle der Christiana Albertina neben der Seeburg im Jahre 1925 vor einer Bootstaufe: Drei Paddelboote und drei Vierer sollten geweiht werden. Die Fechthalle befand sich im ersten Stock des Jugendstilgebäudes.

Abb. 2 Dr. Karl Richard Strempel im Jahre 1925 als Leiter des Instituts für Leibesübungen der Universität Kiel. Am 18. November 1928 wird Dr. K. R. Strempel per Urkunde zum „Direktor des IfL“ bestellt.
Das Universitätsfach Sport ist ein Kind des 20. Jahrhunderts. Seine Aufgaben sind heute vielfältig zwischen Ausbildung und Freizeitgestaltung gefächert. Es ist entstanden aus dem Bestreben, sowohl der Volksgesundheit im Allgemeinen zu dienen, als auch die geistige Elite und die Jugend des Volkes wehrhaft zu machen.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Versailler Verbot einer allgemeinen Wehrpflicht im Deutschen Reich wurden an den Universitäten Preußens auf Anordnung des Berliner Ministeriums für „Wissenschaft, Kultur und Volksbildung“ verschiedene Hochschulsporteinrichtungen zu einer Einheit zusammengefasst, welche Turnen, Fechten, Reiten, Rudern allen Studierenden zur freiwilligen Körperertüchtigung angeboten haben. In Kiel wurde durch den Erlass des Kurators Dr. Erich Wende vom 2. Mai 1925 das „Institut für Leibesübungen“ (IfL) formal gegründet. Der erste Leiter des IfL ist Dr. phil. Karl Richard Strempel (*1888 – †1948; s. Abb. 2), der seit Oktober 1923 als „Akademischer Turn- und Sportlehrer“ dem Rektor der Universität unterstellt, insofern keiner der vier Fakultäten zugeordnet war. Dr. Strempel war Studienrat mit der Lehrbefähigung für die Fächer „Griechisch, Latein, Deutsch“.
Turnfakultas der Universität Greifswald
Außerdem hatte Strempel eine spezielle „Turnfakultas“ der Universität Greifswald erworben. Schließlich war er seit Jahren Übungsleiter des Rudersportes. Hinzu kommt, dass er sechs Jahre lang als Studienrat an vier verschiedenen Gymnasien in allen Fächern unterrichtet hatte. Somit war er bestens für eine leitende Hochschulsportstelle an der „Wassersport-Akademie“ der Christian-Albrechts Universität an der Kieler Förde vorbereitet.
Er hatte sowohl den allgemeinen Hochschulsport für alle Studierenden, als auch die Turnlehrer-Ausbildung für Leibeserzieher an Gymnasien zu organisieren. Dabei gingen ihm zwei Assistenten mit Turnfakultas der Preußischen Hochschule für Leibesübungen in Spandau (PrHfL) sowie der Universitätsfechtmeister Richard Pohle (*1881 – †1939) zur Hand. Richard Pohle (vgl. Abb. 5) wirkte seit Mai 1922 in Kiel, und zwar als dreizehnter Fechtlehrer der Universität. Am 18. März 1926 hatte der Kurator Dr. Wende sich zum Aufgabenkreis des akademischen Turn- und Sportlehrers im Schreiben B 430 betr. IfL wie folgt geäußert:
„… Die vornehmste Aufgabe des Akademischen Turn- und Sportlehrers (ATSL) und des IfL ist in der Vermittlung echter Körperkultur im weitesten Sinne an einen möglichst großen Kreis von Studierenden zu erblicken. Der ATSL muss daher sein Hauptaugenmerk auf die körperliche Erziehung und praktische Ausbildung der Studierenden in allen Formen der Leibesübungen richten. Er muss die Leitung überall in der Hand behalten und darf sich durch Verwaltungs- und organisatorische Arbeiten nicht von dieser Hauptaufgabe entfremden lassen. Daneben hat er in seinem Institut auch die wissenschaftliche Bearbeitung der mit Körperkultur und körperlicher Erziehung in Zusammenhang stehenden Fragen zu fördern. Hierbei wird für ihn die Zusammenarbeit mit dem Sportarzt und den Vertretern der medizinischen Wissenschaft sowie den Vertretern der Pädagogik und Kulturgeschichte … von besonderem Wert sein … “.
Geschichte des Instituts Teil II: 1928 - 1932

Abb. 3 Das IfL in der Adolfstraße 3, Eingang links, große Tür, beschattet. Universitätsbaumeister und Architekt Kurt Feyerabend hat den Umbau des ehemaligen Hotels in der Adolfstraße 3 geleitet.


Abb. 4 Tribünenbau und Grundriss der Leichtathletik-Kampfbahn mit Sprung- und Wurfanlagen. Ausführender Architekt war Kurt Feyerabend als Universitätsbau-Meister vom Staatlichen Hochbauamt. Er hat alle Universitätsgebäude fotografiert.
Dr. med. Peter-Friedrich Petersen wird erster offizieller Sportarzt der CAU
Erst ab dem Jahre 1928 konnte der Arzt für Innere Medizin Dr. med. Peter-Friedrich Petersen als erster offizieller Sportarzt der Universität Kiel im IfL mitarbeiten. Dr. med. Petersen war Assistent des Internisten Prof. Dr. med. Alfred Schittenhelm, der die Medizinische Klinik Kiel von 1918 bis 1934 als Direktor leitete. Dr. med. Petersen hatte sich freiwillig zur Tätigkeit eines Sportarztes gemeldet.
Dr. Strempel ließ 1927 auf dem freien Gelände der Feldstraße 21 bis 23 den „Übungssportplatz Feldstraße“ mit Leichtathletik-Sprung- und Laufbahnen sowie mit Tennisplätzen bauen – das nach dem Zweiten Weltkrieg etwa ab 1953 Sitz der Kieler Gelehrten Schule wurde. Er veranlasste weiterhin, dass in der Adolfstraße 3 (vgl. Abb. 3) ein ehemaliges Hotel zum IfL mit Büros, Bibliothek, Hörsaal und Sälen für Gymnastik, Ring- und Boxkämpfe sowie mit Duschen und Umkleideräumen umgebaut und 1928 eingeweiht wurde.
Sportplatz am Mühlenweg wird eingeweiht
Ein Jahr später wurde der große „Sportplatz am Mühlenweg“ (vgl. Abb.4) mit Tribüne eingeweiht. Das Areal dieses Sportplatzes ist 1925 ein Geschenk der Stadt Kiel an die Universität anlässlich der Gründung des IfL gewesen. Sportplatz und Tribüne sind aus Mitteln der Universität sowie aus Spenden der Universitätsgesellschaft gebaut worden. Kurt Feyerabend, Architekt und Universitätsbaumeister, hatte die Bauleitung. Dieser Sportplatz ist noch heute das Leichtathletik-Stadion des Sportforums, das allerdings mehrfach umgebaut und nach dem Kriege mit einer kleineren Tribüne versehen wurde. Zu den besonderen Liegenschaften des IfL zählte in jenen Jahren eine „Boots- und Fechthalle“ an der Förde auf dem Grundstück der „Seeburg“, die im November 1910 als Studentenheim eingeweiht wurde. Die Boots- und Fechthalle wurde 1915 fertiggestellt (vgl. Abb.1).
Anno 1929 wurde das Hochschulfach „Leibesübungen und körperliche Erziehung“ in Preußen, also auch in Kiel, den übrigen philologischen Fächern gleichgestellt. Ab dem SoSe 1930 musste die Lehrbefähigung für das Haupt- und Nebenfach der „Leibesübungen und körperlichen Erziehung“ an einer deutschen Universität und nicht mehr an einer Landesturnanstalt oder an der privaten Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin erworben werden.
Damit ist die „Akademisierung“ des Faches Sport in Deutschland vollzogen worden. Seit dieser Zeit gab es die „Turnphilologen“, die neben dem Fach Sport ein wissenschaftliches Fach wie Deutsch, Mathematik oder Latein studieren mussten. Zu den Studierendenzahlen gibt es keine verlässlichen Angaben. In den Jahren 1924 bis 1930 waren in den Sommersemestern teilweise bis zu neunzehnhundert Studierende, in den Wintersemestern deutlich weniger mit bis zu fünfzehnhundert Studierenden in Kiel. An Sportstudierenden zählte man zwischen vierzig und sechzig.
Geschichte des Instituts Teil III: Das IfL während der NS-Zeit

Abb. 5 Universitätsfechtmeister Richard Pohle als Wettkampfrichter bei den Kieler Hochschulmeisterschaften im Florett im SS 1926.
1933: Wehrsport als Pflicht
Nach der Machtübernahme im Januar 1933 änderten sich das Studium der Leibeserziehung und der Betrieb des Hochschulsportes nicht nur in Kiel, sondern an allen deutschen Universitäten und Hochschulen radikal. Das Berliner „Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung“ (REM) baut die Sportinstitute an den Hochschulen systematisch zu „Wehrsporteinrichtungen“ aus. Anstelle des seit vielen Semestern geübten freiwilligen Studentensports, der auch freiwillig ausgeübten „paramilitärischen Sport« zuließ, galt für alle Universitäten ab dem 1. Mai 1933 die Vorschrift, ausschließlich Wehrsport unter der Anleitung von Fachkräften der Sturmabteilung (SA) der NSDAP pflichtmäßig abzuleisten, und zwar für die ersten drei Semester.
Bei unregelmäßiger oder nur gelegentlicher Beteiligung drohten Sanktionen bis zum Studienverbot. Im Juni 1933 folgte ein weiterer Erlass, dass nur noch Mitglieder von Wehrorganisationen wie z. B. der „SA, der SS oder des Stahlhelms“ studieren durften. Alle Studenten sollten sich somit einer dieser Organisationen „freiwillig“ anschließen. Für Frauen wurde ein Studium seit dieser Zeit wieder erschwert, obgleich seit 1919 alle Studienbeschränkungen für Frauen im Deutschen Reich aufgehoben wurden. Ein Studium der Leibesübungen wurde Studentinnen auf Antrag jedoch genehmigt. Die Studierenden der „Leibesübungen und körperlichen Erziehung“ hatten zusätzlich zwei weitere Sportsemester abzuleisten, bevor sie sich einer „Wissenschaftlichen Prüfung“ unterziehen durften.
Und noch etwas ganz Entscheidendes kam hinzu: Ab dem Frühjahr 1933 wurde in allen staatlichen und privatrechtlichen Organisationen das Demokratie- und Toleranzprinzip durch das „Führer- und Arierprinzip“ verdrängt. D. h. Deutschland wurde zu einem rassistischen Staat umgebaut, der nach dem Führerprinzip verwaltet wurde. Alle demokratischen Strukturen wurden ausgemerzt. Nur ideologisch zuverlässige Leute wurden in Führungspositionen befördert. Dieses waren langjährige Parteimitglieder der NSDAP, der SA oder anderer Gruppierungen, welche der NSDAP nahestanden.
Freimaurer Dr. Strempel wird zurückversetzt
Infolgedessen wundert man sich heute nicht mehr, dass Dr. Strempel als Altphilologe in der Funktion eines Studienrates an das „Staatliche Gymnasium“, dem Vorläufer der Kieler Gelehrten Schule, zurückversetzt wurde, weil er kein Nationalsozialist war und auch keiner NS-Organisation angehörte. Im Gegenteil, Dr. Strempel ist wohl zeitweilig Mitglied einer „Freimaurer Loge“ gewesen. Diese Logen galten als „pazifistisch und internationalistisch“. Sie wurden angeblich vom sog. „Weltjudentum“ gesteuert, weshalb sie 1934 von den Nationalsozialisten verboten und verfolgt wurden.
Der Nachfolger von Dr. Strempel wurde das NSDAP-Mitglied Dr. phil. nat. Ernst Münter (*1899 – †1983), der bis 1937 das Sportinstitut leitete, das ab 1936 als „Hochschulinstitut für Leibesübungen“ (HIfL) firmierte. Auch Dr. med. Petersen sowie die beiden studentischen Mitarbeiter in den Sportarten, die „Hiwis“ Voigt und Franke, wurden aus ähnlichen ideologischen Gründen wie Dr. Strempel Ende 1933 aus ihren Funktionen entlassen. Für Dr. med. Petersen wurde der SA-Sturmbann-Arzt Dr. med. Wilhelm Meister (*1906 – †1944) als Sportarzt eingestellt, während Universitätsfechtlehrer Richard Pohle, parteilos, bis zu seinem frühen Tode 1939 im Amte blieb.
Danach wurde diese Position nie mehr besetzt. Denn alle Korporationen, die schlagenden und die nicht-schlagenden Verbindungen, wurden aufgelöst und verboten oder zu sogenannten Kameradschaften mit nationalsozialistischen Vereinigungen zusammengefasst. Mit Richard Pohle, dem dreizehnten Fechtlehrer der Christiana Albertina, ist somit 1939 nach 273 Jahren regen Fechtens diese Tradition unserer Universität erloschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sportliches Fechten im Programm des freiwilligen Hochschulsportes bis in die jüngste Gegenwart immer wieder angeboten; aber eine feste Position eines „Universitätsfechtlehrers“ gibt es nicht mehr in Kiel.
Ausbau der Sportinstitute – Sechs weitere Sportlehrer in Kiel
Indes werden die Sportinstitute der Hochschulen nach der Machtübernahme personell und materiell ausgebaut. Denn bis 1937 werden noch zusätzlich sechs Sportlehrer im Kieler HIfL angestellt, und zwar die Herren Berndt, Hagelberg, Hülß, Johannsen und Voß sowie Fräulein Laging, so dass der Personalstamm in jener Vorkriegszeit aus neun Sportlehrern mit NSDAP-Parteibuch bestand. Nach der politisch spektakulären Versetzung von Dr. Münter an das HIfL in Königsberg, einer expansiven „Grenzland Universität gegen das Slaventum“, übernimmt NSDAP-Mitglied Dr. Erich Lindner (*1908 – †1973) aus Bonn bis 1940 die kommissarische Leitung des Kieler HIfL.
Doch der 1939 vom Zaune gebrochene Krieg verwirbelte und verschlang das Personal des HIfL beinahe vollkommen. Denn alle Kieler Sportlehrer wurden eingezogen oder an andere Institute versetzt. An der Front starben die Sportlehrer Berndt, Dederich, Ehlers, Hülß und Voß sowie Dr. med. Meister. Pro Forma leitete Studienassessor Rolf Hagelberg bis 1942 das Institut. Dann wurde auch er eingezogen, so dass die Sportlehrerin Hanna Laging die HIfL- Geschäfte führen musste. Am 16. September 1944 meldet sie dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, dass „das HIfL Kiel, Adolfstr. 3, durch den Terrorangriff am 26./ 27. August völlig ausgebrannt ist. Durch den Verlust des Institutsgebäudes ist das gesamte Hochschulinstitut f. L. vernichtet worden. Die Vernichtung der einzelnen Übungsstätten ist dem Ministerium bereits durch einen Bericht mitgeteilt worden“. Das HIfl existierte nicht mehr und die Sportlehrerin Frau Laging wurde am 1. Oktober 1944 als Krankenschwester eingezogen.
1940: Sportlehrerausbildung ruht
Seit 1940 ruhte die Sportlehrerausbildung im Kieler HIfL ohnehin, weil diese auf ministerielle Veranlassung nur noch in Berlin, Leipzig, Jena, München und Wien ausgebildet wurden. Die Blütezeit der Kieler Sportlehrerausbildung der Weimarer Republik war lange, lange vergessen. Die Nachfrage nach einem Sportlehrerstudium blieb in den dreißiger Jahren etwa auf dem Niveau der Zahlen der Weimarer Republik, nämlich zwischen vierzig bis sechzig Sportstudierende pro Semester. Der Krieg veränderte alles. Insgesamt sinkt die Studentenzahl in Kiel bis 1942 auf etwa vierhundert; sie steigt dann wieder etwas an mit bis zu achthundert Studierenden im Jahre 1944; ab 1945 liegen keinerlei Studierendenzahlen mehr vor.
Die Katastrophe des Krieges verschlang alles und spottete dem Wahlspruch der Christiana Albertina „pax optima rerum“. Das Gebäude in der Adolfstraße 3, das Bootshaus mit Fechträumen, der Übungssportplatz an der Feldstraße 21- 23 und der Sportplatz am Mühlenweg wurden 1944 nach und nach durch Bomben zerstört. Am 31. September 1944 wird das HIfL durch ministeriellen Erlass auch offiziell geschlossen. Die bombengeschädigten Liegenschaften in der Adolf- und Feldstraße wurden nach dem Kriege der Stadt Kiel übertragen. Die Adolfstraße 3, heute ein Kinderspielplatz, setzt durchaus die Bewegungstradition des IfL der zwanziger Jahre fort.
Geschichte des Instituts Teil IV: Nach 1945 – Neuaufbau und Erfolge bei Olympia

Abb. 6 Dr. phil. Karl Feige im Jahre 1940 als Direktor und Reg. Rat des HIfl in Jena. Obgleich in jenen Jahren die meisten Führungspersonen in Militäruniformen oder in braunen SA-Uniformen herumliefen, zeigte sich Feige am liebsten im sportlichen Dress und als Sportlehrer.

Abb.7 Preisgekrönter Entwurf für das Kieler Sportforum 1967 - Modell Dipl. Ing. Nickels, von Gerkan und Marg (Hamburg)
Nach Kriegsende: Dr. phil. Karl Feige übernimmt die Überreste des IFL
Nach der Kapitulation im Mai 1945 öffnete die Universität in Kiel im November 1945 wieder ihre Pforten zwischen Trümmern und auf ramponierten Schiffen – man kann sich heute nicht mehr vorstellen, unter welch katastrophalen Bedingungen in Kiel in den Jahren 1946 bis 1949 studiert werden musste.
Er wird als stellvertretender Direktor vereidigt, weil angeblich ein Herr Dr. Radszat aus Königsberg während des Krieges zum Direktor des HIfL ernannt worden wäre. Aber Dr. Radszat aus Königsberg bleibt unter den Verschollenen. Dr. Karl Feige wird 1947 entnazifiziert, 1949 wird er zum offiziellen Direktor ohne Verbeamtung ernannt. Diese wird 1959 bei der Ernennung zum Studiendirektor (StD) nachgeholt. 1965 wird Dr. Feige zum Oberstudiendirektor (OStD) befördert.
Vom 1. Januar 1946 bis Dezember 1950 ist Dr. med. Gerhard Kowalzig (*1913 – †2010) Universitätssportarzt auf der medizinischen Assistentenstelle von Dr. med. P. F. Petersen. Der Kieler Arzt Gerhard Kowalzig ist der Sohn des bekannten Kieler Chirurgen Sanitätsrat Dr. med. Ernst Kowalzig (*1873 –†1945), der seit 1905 im Auftrag des Kurators in den staatlichen Universitätslehrgängen zur Ausbildung von Turn-, Schwimm- und Ruderlehrern mitgewirkt hat.
1948: Gerhard Kowalzig gründet den Sportärzte-Bund Schleswig-Holstein
Wenn man großzügig rechnet, dann ist Dr. med.Ernst Kowalzig der erste Sportarzt der Universität Kiel gewesen, bis 1928 offiziell die Stelle eines Sportarztes in der Medizinischen Klinik eingerichtet wurde. Sein Sohn Gerhard ging 1937 als junger Sportmediziner und NSDAP-Mitglied mit Dr. Münter nach Königsberg, wurde im Krieg aber zu den Marinefliegern nach Amrum versetzt. Er gründete mit ca. zwanzig anderen Ärzten 1948 in der neuen Universität Kiel den „Sportärzte-Bund Schleswig-Holstein“.
Dieser Vereinigung von Sportärzten diente Prof. Dr. med. H. Rieckert von 1975 bis 2009 als Vorsitzender, und Prof. Dr. med. B. Weisser leitet diesen Verband ab dem Jahre 2009. Nachdem Dr. G. Kowalzig 1951 eine eigene Praxis eröffnete, ist die alte Universitätssportarztstelle des HIfL bis 1974 verwaist gewesen. Dr. Feige hat daher die medizinische Fakultät um Unterstützung bei der Ausbildung der Sportstudierenden gebeten, was durch Lehraufträge für Physiologie, Anatomie und Orthopädie für Sportstudierende geschehen ist.
Ab 1946: Abgespeckte Sportlehrerausbildung und freiwilliger Hochschulsport vor dem Neuanfang
Der unermüdlichen Initiative Dr. Feiges ist es zu verdanken, dass der freiwillige Hochschulsport und eine »abgespeckte« Sportlehrerausbildung ab 1946 wieder in die Gänge kommen. Man begann mit vier Lehrkräften, mit sechsundzwanzig Sportstudenten und mit einhundert vier Studentinnen und Studenten im freiwilligen Hochschulsport. Eine wichtige personelle Größe beim Aufbau des HIfL war Rudolf Gauch (*1915 - †1979). Dr. Feige kannte Gauch als Sportlehrer von der Marine. Gauch war ein ausgezeichneter Turner, der 1942 Deutscher Meister an den Ringen und 1944 Deutscher Meister im Pferdsprung gewesen ist; außerdem war er 1942 Zweiter im „Deutschen Zwölfkampf“ hinter Helmuth Bantz aus Speyer. Gauch, der in Leipzig 1942 die staatliche Prüfung als „Turn-, Sport- und Gymnastiklehrer“ mit gutem Erfolg bestanden hatte, wurde ab dem 23. April 1946 als Sportleiter am HIfL eingestellt. 1952 war Gauch Mitglied der deutschen Olympiamannschaft in Helsinki. Bis zu seinem Ruhestand 1978 war er Disziplinchef des Allgemeinen Deutschen Hochschulverbandes im Kunstturnen, 1972 wurde er Internationaler Kampfrichter bei den Olympischen Sommerspielen in München. Gauch ist es zu verdanken, dass der freiwillige Hochschulsport Anklang bei den Studierenden fand. 1954 beteiligten sich neunhundertvierzig Studierende am Hochschulsport von ca. zweitausendzweihundert Studierenden, was einem Anteil von 43 von einhundert sportaktiven Studierenden entsprach.
1956: Die erste universitätseigene Turnhalle
1956 wird in den Räumen der neuen Universität die erste universitätseigene Turnhalle eingerichtet, sogar mit „Schnitzelgrube“ für Kunstturner, die Gauch gefordert hatte. Das Konsistorium der Universität hatte zwar schon 1910 den Bau einer eigenen Turnhalle empfohlen, wurde in diesen Planungen aber durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Auch der zweite Planungslauf in den Jahren 1928 bis 1932 führte nicht mehr zum Bau einer Universitätsturnhalle auf dem Grundstück der Adolfstraße 3, weil die neuen Machthaber der Universität und der Stadt Kiel ab 1933 andere Pläne verfolgten.
In der Folge hat Gauch mit Kieler Studierenden dreiundzwanzig Hochschulsportmeisterschaften im Kunstturnen gewonnen. Am 12. Juli 1978 wird Rudolf Gauch mit 63 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Rudi Gauch ist in Kiel und in Schleswig-Holstein als Turnfachwart hoch geachtet worden. Die große Turnhalle des Landessportverbandes am Winterbeker Weg in Kiel trägt ihm zu Ehren seinen Namen. Doch nicht nur im Turnen gewinnt das Kieler HIfL an Ansehen.
Im Zeichen von Olympia: Das „goldene Jahr 1960“ der Ruderer
Das Jahr 1960 wird zum „goldenen Jahr“ für die Kieler Hochschulsportruderer. Denn in Rom erringt der sog. „Deutschlandachter“ anlässlich der XVII. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit die Goldmedaille. In dem Boot saßen vier Ruderer des Kieler Akademischen Turnvereins Ditmarsia, die vom Kieler „Universitätsrudertrainer“ Karl Wiepcke (*1911 – †1973) trainiert wurden; und vier Ruderer vom Ratzeburger Ruderclub, die vom Ratzeburger Studienrat Karl Adam vorbereitet wurden. Sieben der acht Ruderer studierten in Kiel an der CAU. Man sprach intern auch vom „Ratze-Kieler- Achter“. OStR Karl Adam war der Bundestrainer des Deutschlandachters.
Karl Wiepcke leitete von 1949 bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahre 1973 die Ruderausbildung am HIfL. Wiepcke hatte sein 1930 begonnenes Studium als Turn- und Sportlehrer mit dem zweiten Fach Romanistik 1935 ohne Staatsexamen verlassen, weil der Reichsbund für Leibesübungen ihm eine volle Stelle als Wandersportlehrer in Mecklenburg und später als Reichssportlehrer für Rudern angeboten hatte. Nach dem Krieg, den er als Oberleutnant d.R. im Heer erlebte, wurde er Landesjugendwart des Turnverbandes Niedersachsen, ehe er den Kontakt mit Dr. Feige aufnahm. Diesen kannte er von der Ruderei in Rostock. Dr. Feige stellte ihn am 16. April 1951 als Sportlehrer fürs Rudern und für die Leichtathletik ein. Doch dem Rudersport gehörte das Herz Wiepckes.
So organisierte er im Olympiajahr 1952 eine Ruderwanderfahrt durch den schwedischen Götakanal. 1955 nahm erstmals nach dem Kriege ein deutscher Vierer an der internationalen Regatta von Dünkirchen teil: das war Karl Wiepcke als Steuermann mit dem Ditmarsen-Vierer aus Kiel. Sie gewannen das Rennen, so dass der Ditmarsen-Vierer sogar mit der deutschen Nationalhymne geehrt wurde.
Der Deutschlandachter hat seinen Ursprung in Kiel
1956 gewann der Ditmarsen-Achter die nordische Regatta; 1959 erzielte die Renngemeinschaft Kiel-Ratzeburg mit sieben Kieler Studenten in Macôn auf der Saône einen sensationellen Weltrekord mit 5:51,7 Min. auf der 2000m Strecke – der Deutschlandachter war geboren, eine gemeinsame Leistung von Karl Wiepcke und Karl Adam, die sich ergänzten. Der OStR für Mathematik, Physik und Leibeserziehung Adam war der naturwissenschaftliche Kopf und Experimentator, Wiepcke die Seele der Renngemeinschaft. Er konnte die Mannschaft immer wieder zu Höchstleistungen motivieren.
Nach dem Olympia Gold von Rom trennten sich die Wege von Karl Adam und Karl Wiepcke. Wiepcke leitete nunmehr Trainerseminare in Südkorea, Japan, Israel und Schweden. Mitte der sechziger Jahre baute er in der Rudergemeinschaft Germania Kiel eine leistungsstarke Frauenmannschaft auf, die im September des Jahres 1969 in Klagenfurt die Bronzemedaille im „Vierer mit“ gegen eine übermächtige Ostphalanx erstritt. Dieses Boot wurde ausschließlich von Karl Wiebke trainiert. Die Ruderinnen hießen: Ilse Lebert (Schlagfrau), Bärbel Seddig, Astrid Kallmayr und Heike Witt; Steuerfrau war Erika Rehberg. Bärbel Arndt geb. Seddig wurde 1973 als Dozentin für Rudern, Leichtathletik, Schwimmen, Gymnastik, Volleyball und Handball im HIfL angestellt.
Ab dem Gold-Jahr 1960 plante Dr. Feige den Bau eines neuen Sportinstitutes mit Sportspielhallen, einer Schwimmhalle und großzügigen Sportplätzen – das heutige Sportforum der CAU (vgl. Abb.7, 8 u. 9). Bei diesen Planungen mahnte Dr. Feige Landespolitiker und die Rektorate der CAU und der PH, die Ausbildung von Sportlehrern für alle Schularten in einer einzigen Lehr- und Forschungsstätte in Kiel zusammenzufassen, um Personal und Mittel ökonomisch einsetzen zu können. Bis zum SS 1970 ist OStD Dr. Feige der amtierende Direktor des HIfl. Er begleitete den offiziellen Architektenwettbewerb 1966 und den Baubeginn des Universitätssportzentrums.
Geschichte des Instituts Teil V: Neue Strukturen für das HIfL

Abb. 8 Das Sportforum in Teilansicht: rechts Schwimmhalle, frontal Verwaltungsgebäude des ISW und USZ mit Seminarräumen, Hörsaal und wissenschaftlichen Abteilungen.
Etliche Jahre nach seiner Pensionierung wird Dr. Feige 1979 zum Honorarprofessor der CAU ernannt. 1986 wird Professor Dr. Feige mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland durch den schleswig-holsteinischen Kultusminister Peter Bendixen geehrt.
OStR Bodo Schmidt folgt auf Dr. phil. Karl Feige
Die Nachfolge von Dr. Feige gestaltet sich im Jahre 1970 nicht ganz einfach. Es wird eine gemeinsame Kommission aus Vertretern der Christian- Albrechts Universität zu Kiel (CAU) und der Pädagogischen Hochschule (PH) Kiel gebildet, um den personellen, strukturellen und auch materiellen Umbau des HIfl zu ordnen. Zunächst wird Oberstudienrat (OStR) Bodo Schmidt (Jahrgang 1935) aus mehreren Bewerbern am 1. August 1970 zum Geschäftsführenden Direktor des HIfL ernannt. OStR Schmidt hatte die gymnasiale Lehrbefähigung für Englisch und Sport, und er ist in den sechziger Jahren drei Jahre lang Assistent bei Dr. Feige gewesen, so dass ihm die Geschäftsabläufe im HIfL nicht fremd waren.
Alsdann einigte sich die gemeinsame Kommission darauf, in dem neu zu errichtenden Institut die Sportlehrerausbildung der PH-Kiel und der CAU zusammenzufassen. Das neue Institut sollte zudem den freiwilligen Hochschulsport für alle Studierenden der CAU und der PH gestalten. Außerdem werden mit Genehmigung der Landesregierung drei Lehrstühle
- (a) für Sportpädagogik,
- (b) für Sportpsychologie und Sportsoziologie sowie
- (c) für Sportmedizin
gegründet und ausgeschrieben.
1971 wird OStR Schmidt zum StD, 1973 zum OStD befördert, so dass er zum „Sportdirektor“ ernannt werden kann, der das HIfL leitet. Nach den Olympischen Segelwettbewerben des Jahres1972 erhält die CAU im Jahre 1973 das Recht, einen großen Teil der neu erstellten Olympia-Anlagen in Kiel- Schilksee sowie einen Teil der Olympia-Segelflotte für den Hochschulsport und für die Sportlehrerausbildung zu nutzen. Somit konnte der universitäre Segelsport von der Innenförde an die Außenförde nach Schilksee verlegt werden.
Schmidt bringt dem HIfLStruktur
Sportdirektor Schmidt gliedert das HIfL in die drei Referate der Praktisch- methodischen Ausbildung (Leitung: StD Lorenz Becker), der Studien zur Unterrichtspraxis (Leitung: StD Dr. Erhardt Rehbein) und des Hochschulsportes (Leitung: Sportlehrer Günther Volk/ seit 1978 Bernd Lange). Während für die Sportlehrerausbildung die Fächer der Sportpädagogik, Bewegungslehre und Trainingslehre von OStD Schmidt, StD Becker und StD Dr. Rehbein gelehrt werden, kann der Sportdirektor für die Unterrichtung im Fach Sportpsychologie Prof. Dr. phil. et med. Hermann Wegener vom Psychologischen Institut und für das Fach Sportmedizin Prof. Dr. med. Erich Witzleb vom Institut für medizinische Klimatologie gewinnen. Bis zur Besetzung dieser Lehrstühle unterrichten sie die Sportstudierenden. Im Jahre 1977 werden Sportzentrum und Institut für Sport und Sportwissenschaften an der Olshausenstraße 74 von der CAU feierlich eröffnet. Das Büro der Dipl.-Ing. Architekten Nickels, von Gerkan und Marg aus Hamburg hatte den modernen, offenen Gebäudekomplex 1966 geplant und 1976 fertig gestellt (vgl. Abb. 7).
Prof. Dr. med. habil. Hans Rieckert und Prof. Dr.phil. Herbert Haag, M.S. werden die ersten Sportprofessoren in Kiel
Ende 1974 kommt mit Prof. Dr. med. habil. Hans Rieckert (Jahrgang 1938) der erste Professor ans HIfL, der sich zunächst selber vertritt, weil er noch Verpflichtungen an seiner Heimatuniversität Ulm hat. Prof. Dr. Rieckert erhält 1975 den Kieler Lehrstuhl für Sportmedizin und wird Direktor im HIfL.
Als zweiter Professor für Sportwissenschaft wird 1975 Prof. Dr. phil. Herbert Haag, M.S. (Jahrgang 1937), von der Justus-Liebig-Universität Gießen auf den Lehrstuhl für Sportpädagogik berufen. Prof. Dr. Haag wird ebenfalls Direktor im HIfL. Nach der Berufung beider Professoren wird die Arbeit der gemeinsamen Kommission der CAU und PH eingestellt, weil die grundlegenden Aufgaben der Neustrukturierung des Sportinstitutes und des Sportforums mit der Berufung der beiden Professoren abgeschlossen waren.
Geschichte des Instituts Teil VI: Aus HIfL wird ISS – 1300 Studierende am Insitut
1976: Umbenennung in Institut für Sport- und Sportwissenschaften (ISS)
Das HIfL wird 1976 in Institut für Sport und Sportwissenschaften (ISS) umbenannt. Das ISS ist nunmehr für die Sportlehrerausbildung der PH-Kiel und der CAU zuständig. Das Ausbildungsprofil umfasst die Sportlehrerausbildung aller Lehrämter, nämlich die der Grund-/ Hauptschulen, Sonderschulen, Realschulen, Gymnasien und der Berufsbildenden Schulen. Das ISS wird kollegial von den beiden Professoren geleitet. Die Leitungsbefugnisse des Sportdirektors werden auf den Hochschulsport und auf die Verwaltung der Liegenschaften des ISS beschränkt. Zu diesen wissenschaftlichen Aufgaben und Serviceleistungen des ISS gibt es eine sog. „Kanzlervereinbarung“, die 1990 nach der Reform des Landeshochschulgesetzes erlischt.
Ebenfalls im Jahre 1976 wird der Lehrstuhl für Sportmedizin vom LSV-SH gebeten, die Leistungssportler des Landes (Kader D) regelmäßig medizinisch zu untersuchen. Dieser Auftrag wird ab 1980 durch den Deutschen Sportbund (DSB) und durch das Nationale Olympische Komitee (NOK) erweitert, so dass der Lehrstuhl zum „Sportmedizinischen Untersuchungszentrum“ für Athleten von Nationalmannschaften und für den Olympia-Kader erwählt wurde.
Prof. Dr. phil. habil. Jan-Peters Janssen erhält die dritte Professur
Nach einer achtjährigen Übergangsphase mit Lehrstuhlvertretungen kann die dritte Professur für Sportwissenschaft, nämlich der Lehrstuhl für Sportpsychologie, im Herbst 1980 besetzt werden. Von der Ruhr-Universität Bochum berufen wird der Diplom-Psychologe Prof. Dr. phil. habil. Jan-Peters Janssen (Jahrgang 1937). Auch Prof. Dr. Janssen wird Direktor im ISS. Er wird in die kollegiale Leitung eingebunden. Das ISS besteht nunmehr aus drei gut ausgestatteten Lehrstühlen und aus den Abteilungen der Theorie und Praxis der Sportarten, der Studien zur Unterrichtspraxis und des Hochschulsportes.
In den 80er-Jahren: Fast 1300 Studierende am ISS
Die achtziger Jahre sind die Zeiten des Studentenbooms an den deutschen Universitäten. Das Kieler Sportinstitut muss zeitweilig bis zu dreizehnhundert Studierende ausbilden; denn es gibt keinen Numerus clausus für die Lehramtsstudiengänge in Kiel. Am 28. November 1984 stimmt die Philosophische Fakultät dem Antrag des ISS auf Einrichtung eines Magisterstudienganges „Sportwissenschaft“ zu. Realisiert wird dieser Studiengang ab dem WS 86/ 87. Im Jahre 1996 wurde dieser Studiengang mit der Bundesrahmenordnung für Magister im Fach Sport in Einklang gebracht. Nach dieser Magisterordnung wurden mehr als einhundert fünfzig qualifizierte Magister ausgebildet.
Im Februar 1987 wird das Fach „Sportwissenschaft“ in die Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät als Hauptfach integriert. Nachdem auch noch die Hürde des „Latinums“ als Zulassungsvoraussetzung für eine sportwissenschaftliche Promotion in der Philosophischen Fakultät beseitigt werden konnte, haben ab 1992 etwa fünfundzwanzig Kandidaten/-innen im Fach Sportwissenschaft promoviert. Der Lehrstuhl für Sportmedizin hat seit 1976 mehr als sechzig Promotionen in der Medizinischen Fakultät durchgeführt. Ab dem Jahre 1989 ist er zudem berechtigt, auch Dissertanten im Fach Sportwissenschaft in der Philosophischen Fakultät zu promovieren.
1990: Erste Habilitation im Fach Sportwissenschaft an der CAU
Im Jahre 1990 gibt es die historisch erste Habilitation des Faches „Sportwissenschaft“ an der CAU. Denn die Philosophische Fakultät erteilt Dr. Wolfgang Schlicht vom Lehrstuhl für Sportpsychologie die „venia legendi“ für das Fach Sportwissenschaft, nachdem die eingereichte Schrift mit dem Thema „Sport und Gesundheit“ als schriftliche Habilitationsleistung akzeptiert wurde und auch das Kolloquium erfolgreich verlaufen ist.
Dr. Schlichts Habilitationsschrift wurde am 11. Dezember 1992 in Mainz mit der Carl-Diem-Plakette des DSB ausgezeichnet. PD Dr. Schlicht wird 1991 als Prof. nach Tübingen, später nach Stuttgart berufen.
Bis 2009 folgen sechs weitere Habilitationen aus dem ISS: Dr. Martin Lames (Abtlg. Sportpädagogik, 1997), Dr. Michael Kolb (Abtlg. Sportpädagogik, 1998), Dr. Manfred Wegner (Abtlg. Sportpsychologie, 1998), Dr. Bernd Strauß (Abtlg. Sportpädagogik, 1998), Dr. Andreas Wilhelm (Abtlg. Sportpsychologie, 1999) und Dr. med. Andreas Koch (Abtlg. Sportmedizin,2009). B. Strauß hat sich für das Fach Psychologie, A. Koch für das Fach Innere Medizin/ Sportmedizin und die vier anderen Kandidaten für das Fach Sportwissenschaft habilitiert.
Die Herren Lames, Kolb, Strauß und Wegner folgen auswärtigen Rufen auf sportwissenschaftliche Professuren nach Rostock, Wien, Münster und Kassel. PD Dr. Andreas Koch leitet die „Sektion Maritime Medizin“ des Institutes für Experimentelle Medizin der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel und ist Abteilungsleiter am „Schifffahrtsmedizinischen Institut der Marine“.
Ohne Habilitation berufen wurden Dr. Willibald Weichert 1977 auf eine Professur für Sportpädagogik an der Universität Hamburg, Dr. Jörg Bielefeld 1978 auf eine Professur für Behindertenpädagogik an der Universität Dortmund und Dr. Klaus Krieger 2010 auf eine Professur für Sportpädagogik an der Universität Hamburg, alle vom Lehrstuhl für Sportpädagogik. Somit darf man feststellen, dass sich das Hochschulfach „Sportwissenschaft“ im Laufe von ca. fünfundzwanzig Jahren an der Universität Kiel zu einem vollwertigen akademischen Ausbildungs- und Forschungsfach entfaltet hat, dessen wissenschaftlicher Nachwuchs an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland geschätzt und gefragt wird.
Verbund Norddeutscher Universitäten evaluiert sechs Merkmale des ISS
Im Dezember 1999 sind Studium, Lehre und Forschung des ISS durch den Verbund Norddeutscher Universitäten evaluiert worden. Im Evaluationsbericht vom Juli 2000 werden sechs Merkmale des ISS hervorgehoben:
- hervorragende Sportstätten,
- exzellente Wassersportmöglichkeiten,
- besondere Qualität der forschungsmethodologischen Ausbildung,
- eigenständiges Profil des Magisterstudienganges,
- gutes Gleichgewicht in der Ausbildung zwischen Theorie- und Praxislehrveranstaltungen und
- im Vergleich zur Professorenzahl relativ hohe Zahl von Promotionen und Habilitationen.
Als Mangel werden die knappen personellen Ressourcen im Mittelbau und bei den Professuren benannt, welche eindeutig unter dem Durchschnitt der bundesdeutschen Sportinstitute liegen.
Im Jahre 1990 wird das ISS nach der Reform des Landeshochschulgesetzes in zwei große Einheiten untergliedert, und zwar in das Institut für Sport und Sportwissenschaften (ISS) und in das Universitätssportzentrum (USZ). Das USZ wird vom Direktor Bodo Schmidt bis ins Jahr 2000 geleitet. Sein Dienstvorgesetzter ist der Kanzler der Universität. Wegen seines großen Engagements im regionalen, nationalen und internationalen Sport wird Sportdirektor Schmidt 1989 durch die schleswig-holsteinische Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur Eva Rühmkorf mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt; 1999 wird der „Direktor des USZ“ Bodo Schmidt durch den schleswig-holsteinischen Innenminister Dr. jur. Ekkehart Wienholtz mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Geschichte des Instituts Teil VII: 1992 bis heute

Abb. 9 Luftbild des Sportforums mit rotem Verwaltungsgebäude. Das gewölbte Gebäude im Hintergrund ist das Fitness-Zentrum des Vereins für Gesundheit e. V.
1992: Lehrstühle für Sportmedizin und Sportpsychologie gründen Arbeitskreis (AK) Gesundheitsförderung und Rehabilitation durch Lebensstiländerung
1992 gründen die Lehrstühle für Sportmedizin und Sportpsychologie zusammen mit anderen auswärtigen Wissenschaftlern den Arbeitskreis (AK) Gesundheitsförderung und Rehabilitation durch Lebensstiländerung an der Universität Kiel. Neben den Lehrstuhlmitarbeitern ist der ärztliche Direktor und Chefarzt der Ostseeklinik Schönberg-Holm, Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Kolenda (Jahrgang 1941) Facharzt für Innere Medizin und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/ Sozialmedizin, ein ständiges Mitglied des AK. Die Ziele des AK sind die Information und Aufklärung der Öffentlichkeit über einen gesunden Lebensstil. Als geeignete Mittel und Wege werden regelmäßige Symposien, Kongresse sowie öffentliche Vorträge verabredet.
Ab dem Jahre 2000 wird gemäß ministerieller Weisung die gesamte Sportlehrerausbildung bis auf das Lehramt für Gymnasien von der Universität Kiel an die Universität Flensburg verlegt.
Im Jahre 2002 werden die Profs. Haag und Janssen emeritiert. Nachfolger für Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert Haag, M.S., wird 2003 der Pädagoge und Psychologe Prof. Dr. phil. habil. Wolf Miethling (Jahrgang 1949) von der Universität Konstanz.
Nachfolger für Prof. Dr. Jan- Peters Janssen werden von 2003 bis 2005 Prof. Dr. rer. soc. habil. Achim Conzelmann (Jahrgang 1959) von der Universität Tübingen und ab 2008 Prof. Dr. phil. habil. Manfred Wegner, M.S. (Jahrgang 1957), der von der Universität Kassel wieder nach Kiel zurückkehrt.
Der Sportmediziner Prof. Dr. med. Hans Rieckert geht 2003 in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird 2004 der Internist Prof. Dr. med. habil. Burkhard Weisser (Jahrgang 1960) von der Universität Bonn.
Prof. Dr. med. Weisser wird vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) beauftragt, regelmäßig Athleten des sog. A-, B- und C-Kaders zu untersuchen.
Die Akkreditierung als Sportmedizinisches Untersuchungszentrum wird nunmehr für vier Jahre ausgesprochen, zuletzt vom Jahre 2013 bis 2016. Der LSV-SH wählt Prof. Weisser im Jahre 2006 zum Antidoping-Beauftragten.
Dr. phil. Robin Kähler folgt auf Direktor Schmidt
Auch im USZ gibt es ab dem Jahre 2000 personelle Veränderungen, weil Direktor Schmidt pensioniert wird. Sein Nachfolger im USZ wird von 2001 bis 2011 der Sportpädagoge Dr. phil. Robin Kähler (Jahrgang 1946) von der Technischen Universität Braunschweig. Dr. Kähler wird 2011 zum außerplanmäßigen Professor (apl. Prof.) ernannt, weil er sich sowohl vielfältig als auch innovativ in der Lehre und Forschung des ISS mit soziologischen und vor allem ökonomischen Fragen des Sports engagiert hatte.
Ab 2011 leitet Bernd Lange (Jahrgang 1953) als Geschäftsführer das USZ. Bernd Lange ist seit 1978 Mitarbeiter des Referates für den Hochschulsport. Er verfügt über ein breites Spektrum an Erfahrungen zur Organisation und Leitung des Hochschulsportes. Seit 1988 ist Bernd Lange einer der Urheber sowie der verantwortliche Organisator des „Förde Triathlons“, der 2013 das 25-jährige Jubiläum feiern konnte.
Das USZ ist als zentrale Dienstleistungseinrichtung der Universität zuständig für den Hochschulsport aller Studierenden und Bediensteten der CAU, der Fachhochschule und der „Muthesius Kunsthochschule“ Kiel. Von insgesamt etwa dreißigtausend Studierenden aller Kieler Hochschulen beteiligen sich an den Sportangeboten des USZ zirka siebentausend regelmäßig in jedem Semester. Manche Studierende nutzen die Sportangebote sogar parallel in verschiedenen Sparten wie z. B. Fitnessübungen und große Sportspiele wie Handball, Volleyball oder Fußball.
Privatdozent Dr. jur. Martin Nolte (Jahrgang 1967) von der Privaten Hanseuniversität Rostock-Warnemünde, die im Jahre 2009 geschlossen wurde, wird im Jahre 2009 „Professor für Sportrecht“ im ISS. Prof. Dr. Nolte erhält die Zweitmitgliedschaft in der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel. Die Professur wurde von der Deutschen Telekom für zunächst drei Jahre gestiftet. Nach knapp zwei Jahren verlässt Prof. Dr. Nolte die Universität Kiel, um einem Ruf auf eine neu eingerichtete „Professur für Sportrecht“ an der Deutschen Sporthochschule in Köln zu folgen.
Seit 2009: Bachelor- und Masterstudium: Auch am ISS
Seit 2009 gibt es eine Bachelor- und Masterausbildung, da die Ausbildung in den traditionellen Lehramtsfächern an der Universität Kiel gemäß den „Bologna-Vereinbarungen vom 19. Juni 1999“ reformiert und internationalen europäischen Standards angepasst worden ist. Es gibt folgende Studiengänge: (a) Zwei-Fächer-Bachelorstudium (Profil Lehramt), (b) Zwei- Fächer-Bachelorstudium (Profil Fächererweiterung), (c) Zwei-Fächer- Masterstudium (Master of Education), (d) Ein-Fach-Masterstudium (Master of Arts, ehemaliges Magisterfach „Sportwissenschaft“). Die Qualifikation für ein gymnasiales Lehramt wird nunmehr durch den Master of Education nachgewiesen. Die Nachfrage von Studierenden nach einem Sportstudium hat sich normalisiert. Dennoch unterrichtete das Sportinstitut im Jahre 2012 bis zu siebenhundertfünfzig Studierende.
2011: Aus ISS wird ISW (Institut für Sportwissenschaften)
Das Institut für Sport und Sportwissenschaften erhält 2011 den Namen Institut für Sportwissenschaft (ISW). Ab 2011 leitet apl. Prof. Andreas Wilhelm (Jahrgang 1958) die Abteilung „Angewandte Sportwissenschaft“. Ab 2012 lehrt Junior Prof. Dr. phil. Jens Flatau (Jahrgang 1972) von der Universität des Saarlandes in Saarbrücken die Fächer „Sportökonomie und Sportsoziologie“. Damit ist die Kieler Sportwissenschaft mit drei Lehrstühlen und zwei Abteilungen im 21. Jahrhundert solider ausgestattet, als man dies bei der Neugründung des HIfL 1971 erwarten durfte. Das ISW hat fünf Professuren resp. Abteilungen: (a) Sportmedizin, (b) Sportpsychologie und Bewegungswissenschaft, (c) Sportpädagogik, Sportgeschichte und Sportphilosophie, (d) Angewandte Sportwissenschaft und (e) Sportökonomie und Sportsoziologie.
Tagungen und Kongresse: Sportwissenschaft an der CAU wird international
Zahlreiche Tagungen und internationale Kongresse sind bis in die jüngste Zeit durch das ISS resp. ISW vorbereitet und geleitet worden. Zusammen mit dem Deutschen Sportbund (DSB) und einigen Sport-Fachverbänden des DSB führte der Lehrstuhl für Sportmedizin im Jahre 1977 ein großes Dopingsymposium im »Audimax« der Universität durch, in dem etwa tausend Hörer saßen.
Auf Empfehlung des Kulturausschusses der Stadt Kiel führte der Lehrstuhl für Sportmedizin zusammen mit Prof. Dr. med. Ludwig Weisbecker von der Universitätsklinik für Innere Medizin im Jahre 1980 den Kieler Woche Kongress mit dem Thema „Sport an der Grenze menschlicher Leistungsfähigkeit“ durch. Der Kongress wurde vom damaligen Präsidenten der Fédération Internationale de Médecine du Sport (FIMS) Prof. Dr. med. et Dr. h.c. mult. Wildor Hollman von der DSHS Köln mit einem Festvortrag eröffnet, der in der Kieler Öffentlichkeit ein großes Echo erzeugte.1986 fand wiederum im Audimax der Deutsche Sportärztekongress „Sportmedizin–Kursbestimmung“ statt.
Auch der Lehrstuhl für Sportpädagogik pflegte im großen Stil den wissenschaftlichen Gedankenaustausch. Er organisierte mit weit über zwölfhundert aktiven Wissenschaftlern im Jahre 1979 den XXII. Weltkongress des International Council on Health, Physical Education and Recreation (ICHPER) aller international vereinigten Sportpädagogen. 1984 folgte der internationale Kongress der International Society for Comparative Physical Education and Sport (ISCEPS) und 1986 der Kongress vom Ausschuss Deutscher Leibeserzieher (ADL). Im Jahre 2005 hat der Lehrstuhl für Sportpädagogik den Kongress der dvs-Sektion Sportpädagogik durchgeführt.
Diese Sektion ist die Vereinigung der Sportpädagogen in Deutschland. Es wurde beschlossen, diese Sektion 2014 wiederum nach Kiel einzuladen.
Beinahe im jährlichen Wechsel ab dem Jahre 1982 hat der Lehrstuhl für Sportpsychologie Workshops, Symposien oder Kongresse durchgeführt, die vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft in Köln (später Bonn) sowie von der Landesregierung Schleswig-Holstein gefördert wurden. Die leistungssportlichen
Themen befassten sich mit Trainingssteuerung, Konzentration, Verarbeitung und Bewältigung von Belastung und Beanspruchung, mit Psychologischem, besonders mit Mentalem Training, mit der „Synergetik“ komplexer Systeme wie z. B. Sportspiel-Mannschaften, aber auch mit der Prävention und Rehabilitation von Verletzungen und von chronischen Krankheiten. 1999 und 2012 wurden die Jahrestagungen der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie in den Tagungsräumen der Schiffe der Color-Line durchgeführt, während man von Kiel nach Oslo und wieder zurück fuhr.
Internationale „Erasmus-Kooperationen“ pflegt das ISW mit den Sportinstituten der Universitäten von Oslo (Norwegen), Lissabon (Portugal), Vilnius (Litauen) und Riga (Lettland). Eine Kooperation mit dem Sportinstitut von Kaliningrad (Russland) besteht seit dem Jahr 2000.
Das ISW veranstaltet zusammen mit dem AK Gesundheitsförderung und Rehabilitation an der Universität Kiel und dem Sportärztebund Schleswig-Holstein seit dem Winterhalbjahr 2003 die Ringvorlesung „Alter, Gesundheit und aktiver Lebensstil“. Diese Ringvorlesung, die an zehn Abenden über das Semester verteilt gesundheitliche und praktische Belange des Älterwerdens thematisiert, wird jeweils im Wintersemester von etwa zweihundertfünfzig bis zu dreihundert Hörerinnen und Hörern der älteren Kieler Jahrgänge mit anhaltendem Interesse besucht.
Recherchearbeit
Recherchiert und zusammengetragen von Prof. Dr. Jan-Peters Janssen (✝), Institut für Sportwissenschaft der Universität Kiel.